Federweißer

23. November 2017

Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Glas Wein, das ich etwa im Alter von 14 Jahren zu trinken bekam:  Es war ein heißer Sommertag, irgendwann im August, wir kamen vom Schwimmen nach Hause und saßen auf der Terrasse, als meine Mutter eine Flasche Federweißen aus dem Kühlschrank holte und mir zu trinken gab. Ich weiß noch heute, wie ich dieses zarte Rauschen hörte und die kleinen Bläschen auf dem Getränk sah, dazu einen wunderbaren fruchtigen Duft in der Nase verspürte, bevor ich den ersten Schluck nahm: dieses prizzeln im Mund , diese leichte Süße, dieser Geschmack waren  einfach nur herrlich und ich fühlte mich auf einmal sehr erwachsen und leicht berauscht.

Seitdem vergeht kaum ein Spätsommer oder Herbst, in dem ich nicht dieser wunderbaren Verführung nachgebe und mich mit einem gut gekühlten Federweißen in die Sonne setzte, dazu Flammkuchen oder Zwiebelkuchen esse und es mir gut gehen lasse!

Federweißer ist ein Traubenmost, der sich noch in der Gärung befindet. Man kann wahlweise weiße oder rote Trauben verwenden, was sich natürlich im Geschmack und der Farbe zeigt. Verwendung finden gerne die Traubensorten Bachus, Siegerrebe oder Ortega, da diese duftig und  aromatisch sind und sich damit hervorragend eignen für dieses besondere alkoholhaltige Weingetränk.

Bei den roten Reben sind Frühburgunder und Dornfelder durch ihre frühe Reife besonders beliebt. Allerdings sind rote Federweiße in Deutschland seltener zu finden, da die Trauben eher für die Qualitätsweine genommen werden. Auch ist der Geschmack eines roten Jungweines eher herb, da mehr Gerbstoffe in der roten Traube vorhanden sind.

Mit Vorrücken des Herbstes und damit fortschreitender Traubenreife kann grundsätzlich allerdings jede Rebsorte verwendet werden.

In der Regel werden aber nur solche Trauben zu Federweißem  verarbeitet, die nicht das Potenzial haben, zu einem hochwertigen und lagerfähigen Prädikatswein vergoren zu werden.

 

Wie entsteht Federweißer?

Allem zugrunde liegt der Traubenmost. Dieser beginnt durch die von Natur aus enthaltene oder zugesetzte Hefe und abhängig von der Lagertemperatur recht schnell zu gären: Wenn die biologisch aktiven Hefen während der Gärung den natürlichen Zucker im frisch gepressten Traubensaft in Alkohol verwandeln, entsteht unter anderem Kohlensäure, die langsam entweicht. Dabei werden die aus den Trauben stammenden Zucker Glucose und Fructose in Alkohol und Kohlensäure gespalten.

Diese entstandene Kohlensäure macht den neuen Wein spritzig, noch ist der Most süß und aromatisch, er schmeckt eher wie eine Traubenlimonade oder ein süßer Schaumwein. Je länger die Gärung fortschreitet, umso mehr nimmt der Alkohol zu und die Süße des Federweißen ab. Wenn sich Süße, Alkohol und Fruchtsäure in guter Balance befinden und der Alkoholgehalt etwa fünf Volumenprozent aufweist, dann ist vielleicht der beste Trinkzeitpunkt gekommen für den auch Sauser, Rauscher, Brauser oder Blitzler genannten Jungwein.

 

Gesundheit und die entschlackende Wirkung des Federweißen

Der Apothekerverband macht auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Federweißen aufmerksam: „Seinen Namen hat der Federweiße von den Hefen, die wie weiße Federchen im Glase tanzen. Auf dem Höhepunkt der Gärung enthält der entstehende Wein biochemisch aktive Hefezellen und Milchsäurebakterien, die sehr gesund sind. Außerdem sind die Vitamine B1, B2 und B6 nachweisbar. Sie sind als Funktionsstoffe für Nerven, Haut und Haare nützlich. Die Vitamine stammen aus den Trauben, entstehen zudem durch den Stoffwechsel der Hefen. Auch wenn Federweißer weniger Alkohol enthält als fertiger Wein, gelangt dieser durch die Kohlensäure schneller ins Blut. Außerdem läuft die Gärung im Körper weiter, was zu Problemen mit der Verdauung führen kann – allerdings nur, wenn man dem Federweißen sehr intensiv zuspricht. Mediziner heben sogar die verdauungsfördernde Wirkung hervor: Die Kombination aus Hefen, Milchsäurebakterien, Eiweiß- und Gerbstoffen aktiviert den Magen-Darm-Trakt und entschlackt“.

 

Wie behandle ich Federweißen?

Es ist sehr wichtig, die Flasche immer aufrecht stehend zu transportieren und in den Kühlschrank zu stellen, da sich der Federweiße in ständiger Gärung befindet. Deshalb ist die Flasche auch mit einer luftdurchlässigen Kapsel verschlossen, damit die Kohlensäure entweichen kann.

Das Deutsche Weininstitut empfiehlt, zuhause zunächst ein wenig vom Federweißen zu probieren. Ist er geschmacklich genau richtig, dann nichts wie ab in den Kühlschrank damit, denn Kälte stoppt den Gärungsprozess und verlängert so den Genuss.

Schmeckt er noch zu süß, sollte man ihn bei Zimmertemperatur aufbewahren. Nach sechs bis acht Stunden sollte man ihn erneut probieren und wenn der optimale Süßegrad erreicht ist, den Federweißen kalt stellen.

 

Auch in unseren Nachbarländern liebt man den noch stürmischen Jungwein:

In Österreich benennt man ihn deshalb auch als „Stum“, wobei dieses bei weißem und rotem Most gilt.

Der aus der Rebsorte Blauer Wildbacher gewonnene und traditionell zur Herstellung des Roséweins Schilcher verwendete Most wird in der Steiermark zu einem trüb rosa- bis violettfarbene Schilchersturm hergestellt.

In der Schweiz wird sowohl die weiße als auch die rote Variante des neuen Weins meist Sauser genannt.

In Italien heißt er Vino Nuovo, der neue Wein, in Frankreich meist vin bourru, der mürrische Wein und im Luxemburgischen nennt man ihn Fiederwäissen.

Das Geschäft mit dem neuen Wein stellt für viele Weingüter mittlerweile einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Allein in Rheinland-Pfalz werden Jahr für Jahr etwa zwei Millionen Liter Federweißer verkauft, Tendenz steigend. Mit Festen rund um den Jungwein machen sich viele Regionen einen guten Namen und locken immer mehr Touristen an. Allerdings gibt es auch in guten Weinfachgeschäften und Lebensmittelmärkten immer größere Angebote, so dass Sie sich zwischen August bis oft in den Dezember mit Federweißem eindecken können.

Genießen Sie ihn mit lieben Freunden und essen sie herzhafte Flammkuchen dazu und ich bin sicher, Ihnen ergeht es wie bei meinem ersten Schluck, der mich bis heute noch berührt!

Sehr zum Wohle

Ihre Trixi Bannert

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Trixi Bannert Weinhandel und Kochschule

Kategorien

Ähnliche Beiträge…